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Speckmaus-Krimi
Ein falscher Verdacht trug der Fledermaus im 16.Jahrhundert den Beinamen Speckmaus ein. Ihr Fundort in Abzugskaminen von Räucherkammern brachte den Naturforscher Conrad Gesner auf eine falsche Fährte. Zu Unrecht hielt er die Fledermaus für den speckfressenden Übeltäter. Fortan wurden Fledermäuse aus ihren Verstecken verscheucht. Die wahren Täter, die Hausmäuse, waren in diesem Fall unerkannt entwischt.
© Renée Püthe-Siegert
Wendehals
Um 550 v. Chr. erzählte der griechische Sklave Aesop dessen Fabeln ihn zu einem freien Mann machten folgende Fabel: Ein Wiesel, das eine Fledermaus gefangen hat, berichtet seiner Beute, dass alle Vögel seine Feinde seien. Schlagfertig verkündet darauf das Opfer, dass es kein Vogel, sondern eine Fledermaus sei, und erlangt so seine Freiheit wieder. Einige Zeit später wird die gleiche Fledermaus Beute eines anderen Wiesels, das diesmal erklärt, sein Leibgericht seien Mäuse. Wiederum kann die Fledermaus entkommen, weil sie behauptet, ein Vogel zu sein.
Missglückte Metamorphose
Einem orientalischen Märchen zufolge ist die Fledermaus das tragische Ergebnis von verwandelten Vögeln, denen ihr Aussehen nicht gefiel. Doch ihr Wunsch, dem Menschen zu gleichen, wurde nur teilweise erfüllt. Ihnen wuchsen Haare und Zähne, doch ihr Körper ähnelte weiterhin dem der Vögel. Darüber waren die Fledermäuse so beschämt, dass sie den Vögeln nie mehr begegnen wollten und sich nur noch bei Nacht hinauswagten.
© Renée Püthe-Siegert
Anders als die anderen
Nur Vögel können fliegen. Diese Gesetzmäßigkeit galt lange Zeit auch für die Fledermaus. In der Bibel im 3.Buch Mose, Kap. 11, 18, heißt es: Und dieses sollt ihr scheuen unter den Vögeln, dass ihr´s nicht esset: den Adler, den Habicht, den Fischaar [ ] den Uhu, die Fledermaus. Was nicht rein ist, ist unrein. So schlicht folgerte Naturforscher Conrad Gesner 1581: Die Flädermauß ist ein unreiner Vogel nicht allein im Jüdischen Gesetz verbotten, sondern auch ein Greuwel anzusehen. Die Irritation der Menschen darüber, dass die Fledermaus nichts Vergleichbarem zuzuordnen war, lieferte Geschichtenerzählern aller Zeiten reichhaltig Stoff.
© Renée Püthe-Siegert
Doppeltes Spiel
Wie der Tanz, galt auch das Spiel als teuflisches Vergnügen. Doch nach außen vom Klerus angeprangert, wurde auch hinter Schloss- und Klostermauern gern gezockt. Weit verbreitet war der Aberglaube, dass Fledermausfetische wie Kopf, Blut oder Herz geheimnisvolle Kräfte besäßen, die Gewinn bringen. Wer Furcht vor einem teuflischen Mitspieler hatte, band sich an den rechten Unterarm kurzerhand den Gegenzauber ein Fledermausherz.
Herzloser Liebeszauber
Die für blind gehaltenen und in der Nacht wachen Fledermäuse mussten für manch unerfüllte menschliche Sehnsucht herhalten. So glaubte man, mit ihnen den Qualen der unerfüllten Liebe beizukommen. Mixturen aus pulverisierten Fledermausorganen, Cocktails aus Blut, Haaren und Fledermauskrallen sollten Verliebte unwiderstehlich und widerspenstige Liebhaber gefügig machen. Eifersüchtige Frauen gingen ihren Rachgelüsten nach, indem sie eine lebendige Fledermaus im geschlossenen Topf brieten in dem Glauben, den Schmerz des gequälten Tieres auf den untreuen Mann zu übertragen.
Absurder Jagdzauber
Der hervorragende Orientierungssinn der Fledermäuse hat die Menschen einst befremdlich inspiriert. Manche Schützen glaubten, dass Schießkugeln besonders treffsicher würden, wenn man lebende Fledermäuse mit in die Bleischmelze warf. So sollte der Schuss selbst im Dunkeln sein Ziel todsicher finden.
© Renée Püthe-Siegert
Erklärungsversuche für eine Welt voller Widersprüche
Die Entstehung von Mythen und Aberglauben geht bis in die Anfänge unserer Menschheitsgeschichte zurück. Sie hat ihren Ursprung so paradox es klingt im denkenden Menschen, der versucht, sich die Welt zu erklären. Nur waren seine Mittel noch begrenzt, denn es fehlte vor allem an Wissen.
© Renée Püthe-Siegert
Fotos: Anke Schaub, Ausstellungsdesign: Designbüro Marion Jahnke